Archiv des Autors: Uwe Caspar Peschka

Kommunale Politik mit Erfolg – Beispiel der KPÖ Graz

Die KPÖ in Graz hat es mit einem sehr guten Ergebnis bei den letzten Wahlen geschafft, dort die Bürgermeisterin (Elke Kahr) zu stellen und durch die jetzige Rolle in der Stadtregierung künftig die kommunale Politik noch aktiver als bisher gestalten zu können.

Bei seinem Besuch in Lindau zu einem Vortrag (eingeladen vom Kreisverband der Partei DIE LINKE, Kreisverband Allgäu, und der „Bunten Liste Lindau„) am 16. Mai berichtete Ernest Kaltenegger von den jahrelangen Bemühungen der KPÖ in Graz um das Thema „Wohnen“ – und wie dieser Ansatzpunkt, kommunale Politik durch direkte Arbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern zu gestalten, letztlich über viele Jahre und wachsende Sitzanzahl im Stadtparlament zum Erfolg führte.

Wichtig, so betonte er, ist das Thema „Wohnen“ deshalb, weil es die Menschen direkt und jeden Tag betrifft – und weil hier so viel durch direkte Kontakte bewirkt werden kann. So richtete man eine telefonische Anlaufstelle, später auch eine Beratungsstelle ein, um Schwierigkeiten und auch manche Ungereimtheit in der städtischen Wohnungspolitik anzugehen und konkrete Lösungen für die Menschen zu erarbeiten.

War für die KPÖ die Arbeit aus der Opposition heraus jahrzehntelange das Mittel der Wahl, so stellten sich jetzt mit dem Übergang in die Regierungsverantwortung natürlich neue Anforderungen. Ernest Kaltenegger hob 3 wesentliche Punkte hervor, die die Glaubwürdigkeit und den Erfolg der KPÖ-Politik gewährleisten: 1. Seinen eigenen Prinzipien verpflichtet bleiben – dazu gehört z.B. die freiwillige Abgabe von Einkünften der Parlamentarier, sodass es kein „Geschacher um gut dotierte Posten“ gibt; 2. die Einhaltung von „Roten Linien“ in der täglichen Politik, z.B. jene, dass kommunales Gut (Grund und Boden) nicht einfach verkauft wird, um irgendwelche Profite zu erzielen oder Haushaltskonsolidierungen durchzuführen (wie in Lindau ja leider üblich ..); 3. die konsequente Arbeit mit den Menschen vor Ort, also Beratung z.B. in Wohnungsfragen, – auch und gerade „von Tür zu Tür“, damit keine Effekte der Abschottung der „Regierenden“ in ihren eigenen Zirkeln von den Menschen in der Stadt auftreten.

Überzeugend ist auch, dass z.B. über das „Volkshaus“ der KPÖ die allgemeine gesellschaftlich-kulturelle Arbeit, wozu natürlich auch die vielen Festivitäten dienen, die den sozialen Austausch und Zusammenhalt fördern, mit der immens wichtigen Bildungsarbeit, also der Vermittlung von profundem Wissen über kapitalistische Politik- und Wirtschaftsstrukturen, z.B. in regelmäßigen Seminaren verbunden wird.

So konnten die am Abend Anwesenden Einblick in erfolgreiche kommunale Arbeit haben, die den Menschen und der Kommune verpflichtet bleibt und sich nicht – siehe Lindau – durch langfristig zweifelhafte Grundstücksverkäufe, ÖPP-Geschäfte oder Einbindung in Partialinteressen von Immobilien- oder Kapitalbesitzern (siehe das leidige „Parken“-Thema) strukturell langsam „zerlegt“ und „auflöst“.

„Zalti“ in Lindau – ein Storch ist ein Storch ist kein Storch?

.. das dürfte sich jetzt manch einer fragen, der die Geschichte des Storchs „Zalti“ seit über einem Jahr erlebt oder mitverfolgt hat – und das sind in Lindau nicht wenige.

Der verletzte Jungstorch, der bei einem von anderen Störchen verübten Überfall auf sein Nest gerade noch „entkam“, wurde von der Tierärztin aufgepeppelt und wir sahen ihn letztes Jahr z.B. am „Kneippi“ (dem Kneipp-Becken, das im letzten, so sehr heißen Sommer willkommene Erfrischung für Kinder und Alte aller Couleur bot), wo Zalti drumherum stakste, immerhin entspannt und gesund wirkend – mit gelegentlichen Ausflügen an den Kleinen See und weiter.

Natürlich wunderten sich viele, dass er so „nahbar“ war – aber fast alle haben ihn stets als Wildtier respektiert. Leider aber doch nicht alle – so endete ein Ausflug nach Österreich mit seiner Gefangennahme, weil er es sich dort leider gefallen ließ, von Menschen begrabscht zu werden, und man dort leicht arrogant befand, Zalti sei „kein richtiger Storch mehr“.

Dass ein Storch in Handaufzucht eine gewisse Nähe zu den Menschen entwickelt und die Scheu ablegt, ist wohl nachvollziehbar – es gibt genügend Beispiele anderer Tiere, bei denen das auch so ist. Das Problem sind indes jene Menschen, die keinen Respekt zeigen und „überall ihre Finger dranhaben wollen“, anstatt Abstand zu halten und das  Tier aus ausreichender Entfernung zu betrachten und mit ihm zusammen einen gemeinsamen Lebensraum zu teilen.

So wurde Zalti schließlich eingefangen und ist in eine Tier-Aufzuchtstation in Blaubeuren, quasi erstmal „ins Gefängnis“, geraten. Von dort aber, so hört man, sei er jüngst aus der Voliere in die Freiheit entfleucht. Ob das nun damit zu tun hat, dass es ein Urteil gab, dass er eben von dort wieder nach Lindau hätte kommen dürfen, weiß wohl niemand so genau.

Aber vielleicht taucht er ja bald wieder hier am Himmel über Lindau auf? Störche haben ja ein gutes Orientierungsvermögen – und da es ihm hier im letzten Jahr zumindest gut ging, könnte es sein, dass er den Weg hierher wieder findet.

Dann müssten nur noch wir Lindauer bzw. die Menschen im allgemeinen verstehen, dass wir im respektvollen Abstand mit ihm hier leben können, sodass jeder wieder die Gelegenheit hat, das elegante Tier aus solcher Nähe zu sehen – aber bitte ohne Grabscherei am besten! Ausflüge nach Österreich sollte er vielleicht unterlassen – aber was scheren Vögel schon Landesgrenzen?

Ein Bericht dazu erschien im bayerischen TV-Programm in der Sendung „quer“, hier (Link zur Mediathek):

quer komplett: Sendung und Kommentare vom 04.05.2023br.de

„Lindauer Orte des Kolonialismus“ – ein Faltblatt zum Thema

Für den Lindauer Lokalhistoriker Charly Schweizer konnte ich jüngst wieder ein interessantes Projekt gestalten – einen Leporello zum Thema „Kolonialismus in Lindau“, der in seiner „edition Inseltor“ erscheinen wird. Kolonialismus, so kann man meinen, umgibt uns auch heute überall und ständig und ist eben nicht nur eine längst vergangene historische „Phase“ imperialistischer Landnahmen. Tatsächlich ist der europäische Kolonialismus der eigentliche „Kern“ der historischen Entwicklung Europas im 16. bis 20. Jahrhundert,  der erst die kulturelle, technische und politische Prosperität ermöglicht hat, – aber meistens nur als „Nebenschauplatz“ historischer Prozesse behandelt wird. Ohne die per Raub angeeigneten Güter, Menschen (sic!) und Ressourcen aller Länder der Erde wäre Europa in der heutigen enorm „reichen“ Form, mit seinen gesellschaftlichen wie kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen überhaupt nicht denkbar.

Das 2-seitige Leporello, bequem auf „Hosentaschenformat“ faltbar, zeigt die Orte in Lindau, an denen man sich gewissermaßen auf die Spuren des Kolonialismus, der in der Vergangenheit nicht wenig zum Reichtum der Stadt und mancher Bürger beitrug, begeben kann. Anhand zweier Stadtplanausschnitte kann man sich dabei nicht nur durch die Stadt bewegen, sondern erhält zu jeder Station über einen dem Text beigefügten QR-Code einen direkten Zugang zu wesentlich mehr Informationen und Bildern, die in den Artikeln des „Digitalen Geschichtsbuchs“ von Charly Schweizer hinterlegt sind (direkter Link: „edition inseltor Lindau“).

Das Leporello ist bald für die Schülerinnen und Schüler in Lindau kostenlos verfügbar und für Besucher und Interessierte in ausgewählten Buchhandlungen käuflich zu erwerben.

Ein europäischer Krieg in der Ukraine

Wieder einmal ist Krieg in Europa, nach dem Angriff der NATO auf Jugoslawien 1999 – diesmal ausgelöst durch eine Verkettung von Ereignissen, die letztlich dazu geführt haben, dass der russische Präsident Putin die Ukraine vor rund 1 Woche angriff und nun einen Krieg auch gegen die dortige Bevölkerung führt. Grundlage sind eher krude „historisch“ begründete, vermeintliche „Ansprüche“ aus Sowjetzeiten – sowie der schon lange schwelende Konflikt um die Donbass-Regionen, deren größerenteils russische Bevölkerung sich von der Ukraine unabhängig machen möchte. Der Vertrag von Minsk ist zumindest Makulatur und in den Wirren der Korruption und wechselseitigen Aggression untergegangen.

Inzwischen ist aber auch die NATO, sind auch militärische Kreise in der Ukraine nicht untätig gewesen; eine sinistre „Internationale Legion“, wohl eine Söldnerarmee, scheint auf ukrainischer Seite auch mitzumischen – und so präsentiert sich dem naiven Blick von außen das übliche Bild aus Desinformation, medialer Hetze und – zumindest hier in Deutschland – einer Art reflexhafter Ausblendung all dessen, was in so einem Krieg immer davon zu erzählen hat, was beide Seiten zu der verheerenden Situationen beigetragen haben. Der Krieg ist auch ein ökologisches Desaster … was seltsamerweise die Freunde der Rüstungsindustrie nie interessiert, und auch die Mainstream-Medien kaum schert, wenn sie nun den gesamten Westen zu den Waffen rufen und unsere Nachlebenden so in eine fortgesetzte Konfliktlage treiben, die über Jahrzehnte anhalten wird und noch viele weitere Kriege – auch Stellvertreterkriege, die schon in Afghanistan, Syrien, im Jemen und sonstwo stattfanden und stattfinden – erzeugen wird.

Der unsägliche Vorsitzende der CDU ergeht sich in Phantasien vom „Angriff auf NATO-Territorium“, während die FDP quasi zu ihren ideologischen, nationalmilitaristischen Ursprüngen der Nachkriegszeit zurückkehrt, da ihr Finanzminister Linder über die „schlagkräftige Armee Europas“ schwadroniert, die es nun mit einem 100-Milliarden-Kredit (der als „Sondervermögen“ bezeichnet wird, letztlich aber auch nur Schuldendienst der gesamten Bevölkerung ist) aufzubauen gälte.

Inzwischen scheint es im Mainstream der (deutschen, europäischen) Medien und sogar in der politischen Öffentlichkeit, ja sogar auf Demonstrationen, „verpönt“, auch nur den Hauch einer Kritik an der NATO und deren militärischer Strategie zu äußern … geschweige denn, die vermeintliche „Sicherheitspolitik“ des „Westens“ mit seiner transatlantischen Fixierung genauer anzuschauen. Solcherart machtpolitische „Monster“, die wir aus allen Ecken der Welt kennen, Trump, Erdogan, die früheren Herren Bush, ob in China, Nordkorea, Südamerika oder Russland, zeigen doch nur auf, dass und wo Strukturen vorhanden sind, die dazu führen, sie – allen demokratischen Strukturen zum Trotz – an die Macht zu bringen.

Viele haben inzwischen die Demilitarisierung des öffentlichen politischen Lebens der Nationen wieder eingefordert – die Not der Ukraine, sich jetzt aber heute verteidigen zu müssen, lindert das aber natürlich nicht. Bei der Annexion der Krim haben alle merkwürdig stillgehalten – zu weit weg und zu komplex schien das damals.

Nur wenn wir das anthropologische Erbe aus der Zeit der ersten Imperien überwinden, dürften auch die Strukturen, die zu massiven Ungleichheiten, zu Ausbeutung, fortgesetztem Raub und zur Zerstörung unserer Lebenswelt führen, so zu verändern und zu stabilisieren sein, dass wir noch eine gewisse Zeit hier überdauern können.

Menschen am See

Das besonders an sonnigen Tagen doch recht dichte Gedränge auf der Insel, der herzhaft lärmige Zustrom an Autos zu dieser kleinen, dicht bebauten Insel (und ihren an den Rand gedrängten restlichen Grünflächen) lässt wohl zu schnell vergessen, dass ein Naturraum besonderer und vielfältiger Art – von den meisten Besuchern tatsächlich kaum beachtet, da oft nur fußläufig gut erreichbar und nicht mit „Konsummöglichkeiten“ und künstlichen „Events“ versehen – rund um Lindau so viel mehr Erfahrungsraum bietet.Dazu gehört neben den bekannten „Hügeln“ (Hoyerberg, Entenberg, Ringoltsberg, Taubenberg und noch ein paar mehr ..) vor allem der sog. Wäsen mit seinen langen Ufern, Wiesen, kleinen Teichen und urigen Baumbeständen, die den „Menschen am See“, den Steinsuchern und Wellenlauschern, den Badenden und Plantschenden, den Spazierenden und Radfahrenden sowie allen, die mit ihren Hunden unterwegs sind, Wasser, Wellen, Wolken, Kieselstrand, aber auch Sand und stets eine frische Brise im heißen Sommer sowie Abwechslung sowie Erholung aller Art bieten.

Richtung Vorarlberg setzt sich das wunderbare Ufer dann nach dem Campingplatz rund um die Leiblach-Mündung und bis zum „Kaiserstrand“ und sog. „Pipeline“ in Lochau fort.

Hier am Wäsen blüht auch vereinzelt noch das geschützte Bodenseevergissmeinnicht … 

„Denkmäler“, die nicht mehr denken (lassen)

Etwas abseits vom Lindauer Zentrum, aber doch markant „über Lindau thronend“, steht das sog. Bismarck-Denkmal, fast 95 Jahre alt – und blickt reichlich düster-verloren auf das Wiesental, Priel und die etwas weiter entfernte Insel. Der Steinklotz stellt einen stilisierten Adler dar und war als Zeichen patriotischer Begeisterung dort aufgestellt worden.

Was auch immer die Beweggründe waren – er scheint inzwischen, nicht nur ästhetisch, völlig aus der Zeit gefallen. Die deutschtümelnde Gesinnung mag um 1910, vielleicht noch als Nachhall ferner napoleonischer Zeiten oder – schlimmer noch – sich am deutsch-französischen Spannungsverhältnis erregendes Identitätsbemühen, seine politische Prägnanz gehabt haben. Heutzutage haben wir bestenfalls eine museale, leider mit zu viel positiver Nostalgie dem „Modernisierer des Reichs“ zugewandte Un-Beziehung dazu … und wenn es denn eine kritisch-positive Beziehung zu den Bezugspunkten solcher „Denkmäler“ geben sollte, müsste gefragt werden, wie denn heute so ein „Denken“ aussehen könnte. Z.B. in Akten sukzessiver Wiederaneignung – also nicht einfach der Zerstörung, Abtragung, der Schließung oder des Unkenntlichmachens – in kulturellen und politischen Dimensionen.

Warum nicht diese doofen Klotz anmalen? Den Adler in ein Symbol und Zeichen differenzierter, vielfältiger Beschäftigung, die heute anders aussehen mag als in einem Jahr, „umgestalten“?

Unser Verhältnis zur Geschichte und seinen Zeugnissen, Überresten ist oft museal, regelrecht „versteinert“, oft auch verschlissen, brüchig, löchrig … aber oft kaum lebendig. So ist es schade, dass dieser Platz, der einen wunderbaren Überblick über Lindau, die Insel und die eingemeindeten Orte auf dem Festland bietet, so verlassen wirkt – und so beherrscht von einem düstren Denkmal, dessen „Adlerblick“ blind geworden ist und nichts mehr sieht.

Im „Dunkelbuch“ – Beton frisst Wald

Oberhalb von Lindau gibt es alte Waldstücke, die von der Bundesstraße durchschnitten werden. Sie sind teils schwer zugänglich, was etwas seltsam ist, da sie eine andere Art von „Wald“ zeigen, die wenig mit den „Stangen“- und Wirtschaftsforsten zu tun hat, wie man sie üblicherweise kennt.Es wäre zu idealisierend, die Natur hier als „ursprünglich“ zu bezeichnen. Es ist wohl eher eine Art zähes Ringen zwischen Straße und Wald, zwischen Beton und Pflanzen, das hier zu beobachten ist. Kaum jemand verirrt sich hierher – die Pfade enden im Dickicht, die Wege sind nicht gekennzeichnet. Dieses Gebiet wird „Dunkelbuch“ genannt … und der Name allein verführt einen dazu, hierin doch etwas ‚dunklen Zauber‘ am Werke sehen zu wollen. Indes: Moorgeister oder Waldelfen dürfte es kaum geben. Es sei denn, man schließt die Augen und horcht auf die Töne des Waldes. Die Straße übrigens schweigt momentan etwas mehr als sonst – was gut scheint. So sieht man in der sog. „Corona-Krise“ hier die andere Seite, und fragt sich doch etwas verwundert, warum nun alle so darauf gieren, dass der globalisierte Beschleunigungswahn möglichst bald wieder anhebt. Gesellschaften lernen langsam, oft wohl zu langsam – und wenn, dann wohl nur angesichts schmerzhafter Lehrstücke. Vielleicht ist das jetzige Ereignis ja noch nicht einschneidend genug.

Hoyerberg – „Schlössle im Schlaf“

Oberhalb Lindaus steht eine Gebäude, das – etwas verträumt – „Hoyerbergschlössle“ genannt wird und aktuell eben auch recht verlassen und fast etwas verwunschen daher kommt. Nicht zuletzt durch die Nachlässigkeit der Stadt Lindau ist es in einen Zustand geraten, der nur noch „bedauerlich“ genannt werden kann, und nach dem Regen seine fast schon magische „andere“ Seite nur dem zeigt, der näher hinschaut.Ein Ziel könnte sein, das Gebäude wieder zu beleben, vielleicht sogar einen Stadtschreiber zu installieren … darunter nutzbare Räume für alle Anlässe, die es so geben kann: Politische Aktionen, kulturelle Veranstaltungen usw.

Seeufer – „splattered“

Eissplitter, Wasserlachen, Holzstückchen, etwas Grün und ein bisschen kleinteiliger Müll dazwischen – und ein wenig eisige Temperaturen; und schon zeigt sich die Natur als eine Art Jackson Pollock in absichtsloser Perfektion. Ästhetische Kompetenz in einer Art natürlicher „act gratuite“, eine Provokation ohne Provokateur – außer der Fotograf macht sich zum Komplizen (und mithin fast schon etwas lächerlich?) und bringt den ‚herstellenden‘ Blick und ein wenig glasbewehrte Sensortechnik ein – Chaos und Struktur, wobei die Rollen unklar verteilt sind.Wann im Chaos die Muster sich aufzubauen beginnen – und die Strukturen wieder ins Beliebige wieder zerfallen .. der Blick sucht etwas, ordnet, verwirft, bleibt hängen – eine Art zersplittertes Wimmelbild. Ist da etwas? – Wenn ja, was? Hat es eine Ursache oder einen Zweck? Sollte es so etwas haben? Nur weil der Blick darauf keine Ruhe gibt? Die Spiegelungen, die den Blick auf die unter den Eisschichten verzerrt zur erahnenden „lost things“ verstellen und zugleich ‚glasklar‘ auftauchen lassen, vervielfachen sich in den Reflexionsverhältnissen von Gerät, Verarbeitung und Projektion – und bleiben, wenn’s denn ‚gelingt‘, unauflöslich – bis es wärmer wird (was inzwischen geschehen ist).

Istanbul – „Simit-Wagen (2 men & a bird)“

Istanbul – heute Symbol einer völlig unterschätzten europäischen Metropole, eines Melting Pot .. in einem (quasi) „failed state“, zwischen den Kontinenten, Kulturen, geopolitischen „Platten“ eingeklemmt, stets der ideologischen, politischen und geologischen Gefahr ausgesetzt.

Neben den touristischen Blicken fasziniert der beiläufige Blick, der Moment, der etwas einfängt, das man kaum beschreiben kann. – Ein Busparkplatz hinter allen „schönen Views“ und Szenerien, 2 Männer unkommod in einem der sonst gerne „pittoresk“ gezeigten Simmet-Stände .. und einer der vielen Möwen dazwischen, auf Kollisionskurs. Die Farben heiß, flirrend, der Blick irrt etwas umher .. man sollte sich in kühlenden Schatten begeben und einen Tee trinken.