Im „Dunkelbuch“ – Beton frisst Wald

Oberhalb von Lindau gibt es alte Waldstücke, die von der Bundesstraße durchschnitten werden. Sie sind teils schwer zugänglich, was etwas seltsam ist, da sie eine andere Art von „Wald“ zeigen, die wenig mit den „Stangen“- und Wirtschaftsforsten zu tun hat, wie man sie üblicherweise kennt.Es wäre zu idealisierend, die Natur hier als „ursprünglich“ zu bezeichnen. Es ist wohl eher eine Art zähes Ringen zwischen Straße und Wald, zwischen Beton und Pflanzen, das hier zu beobachten ist. Kaum jemand verirrt sich hierher – die Pfade enden im Dickicht, die Wege sind nicht gekennzeichnet. Dieses Gebiet wird „Dunkelbuch“ genannt … und der Name allein verführt einen dazu, hierin doch etwas ‚dunklen Zauber‘ am Werke sehen zu wollen. Indes: Moorgeister oder Waldelfen dürfte es kaum geben. Es sei denn, man schließt die Augen und horcht auf die Töne des Waldes. Die Straße übrigens schweigt momentan etwas mehr als sonst – was gut scheint. So sieht man in der sog. „Corona-Krise“ hier die andere Seite, und fragt sich doch etwas verwundert, warum nun alle so darauf gieren, dass der globalisierte Beschleunigungswahn möglichst bald wieder anhebt. Gesellschaften lernen langsam, oft wohl zu langsam – und wenn, dann wohl nur angesichts schmerzhafter Lehrstücke. Vielleicht ist das jetzige Ereignis ja noch nicht einschneidend genug.