„Denkmäler“, die nicht mehr denken (lassen)

Etwas abseits vom Lindauer Zentrum, aber doch markant „über Lindau thronend“, steht das sog. Bismarck-Denkmal, fast 95 Jahre alt – und blickt reichlich düster-verloren auf das Wiesental, Priel und die etwas weiter entfernte Insel. Der Steinklotz stellt einen stilisierten Adler dar und war als Zeichen patriotischer Begeisterung dort aufgestellt worden.

Was auch immer die Beweggründe waren – er scheint inzwischen, nicht nur ästhetisch, völlig aus der Zeit gefallen. Die deutschtümelnde Gesinnung mag um 1910, vielleicht noch als Nachhall ferner napoleonischer Zeiten oder – schlimmer noch – sich am deutsch-französischen Spannungsverhältnis erregendes Identitätsbemühen, seine politische Prägnanz gehabt haben. Heutzutage haben wir bestenfalls eine museale, leider mit zu viel positiver Nostalgie dem „Modernisierer des Reichs“ zugewandte Un-Beziehung dazu … und wenn es denn eine kritisch-positive Beziehung zu den Bezugspunkten solcher „Denkmäler“ geben sollte, müsste gefragt werden, wie denn heute so ein „Denken“ aussehen könnte. Z.B. in Akten sukzessiver Wiederaneignung – also nicht einfach der Zerstörung, Abtragung, der Schließung oder des Unkenntlichmachens – in kulturellen und politischen Dimensionen.

Warum nicht diese doofen Klotz anmalen? Den Adler in ein Symbol und Zeichen differenzierter, vielfältiger Beschäftigung, die heute anders aussehen mag als in einem Jahr, „umgestalten“?

Unser Verhältnis zur Geschichte und seinen Zeugnissen, Überresten ist oft museal, regelrecht „versteinert“, oft auch verschlissen, brüchig, löchrig … aber oft kaum lebendig. So ist es schade, dass dieser Platz, der einen wunderbaren Überblick über Lindau, die Insel und die eingemeindeten Orte auf dem Festland bietet, so verlassen wirkt – und so beherrscht von einem düstren Denkmal, dessen „Adlerblick“ blind geworden ist und nichts mehr sieht.